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Zentrale Venenkatheter

Stand September 2014
Dies ist nicht die aktuelle Version. Siehe: Zentrale Venenkatheter

Stand: September 2014

1 Einleitung

Der Zentrale Venenkatheter (Abk.: ZVK, Synonym: Zentralvenöser Zugang) ist ein dünner Kunststoffschlauch, der über eine Vene der oberen Körperhälfte (z. B. V. jugularis, V. subclavia) in das Venensystem eingeführt wird und dessen Ende in der oberen oder unteren Hohlvene vor dem rechten Vorhof des Herzens liegt.

Prinzipiell sind Anlagen auch in der unteren Körperhälfte (z. B. über die V. femoralis) möglich, werden jedoch im hämatologischen und onkologischen Bereich wegen des erhöhten Infektionsrisikos, sowie der damit verbundenen Mobilitätseinschränkung des Patienten nach Möglichkeit vermieden.

ZVK sind in vielen Fällen erforderlich, um kausale bzw. supportive Therapiemaßnahmen, z.B. Applikation von Zytostatika, hochkonzentrierten Elektrolyt- und Nährstofflösungen, Medikamentengaben, durchführen zu können, die nicht peripher verabreicht werden. Außerdem ist die Messung des zentralvenösen Druckes (ZVD) über den ZVK möglich.

ZVK sind aber auch für mehr als 90% aller durch Gefäßzugänge verursachten Infektionen verantwortlich. Die Mortalität wird auf 4 - 25% beziffert [1]. Durch konsequente Maßnahmen kann die Inzidenz von ZVK Infektionen um mehr als 50 % gesenkt werden [2].

Dies unterstreicht die Wichtigkeit einer auf wissenschaftlich gesicherten Grundlagen durchgeführten Versorgung dieser Venenkatheter, denn Keime können durch dieses System auf 3 Wegen in den Organismus gelangen und dort Infektionen auslösen [1]:

  1. Keime der Hautflora wandern von der Einstichstelle aus entlang des Katheters in die Tiefe (extraluminal)

  2. Keime gelangen durch Manipulationen an den eingesetzten Verbindungsstücken in den Katheter (luminal) . Hier können auch im Infusionssystem kontaminierte Lösungen eine Rolle spielen.

  3. Keime gelangen durch eine andernorts verursachte Bakteriämie in/an den Katheter.

Insbesondere die ersten beiden Möglichkeiten lassen sich durch eine hygienisch einwandfreie Versorgung reduzieren. Um diese sicherzustellen, wurde die vorliegende Leitlinie entwickelt.

2 Strukturkriterien

Die Strukturkriterien für die Versorgung von Patienten mit ZVK sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

1: Strukturkriterien für Zentrale Venenkatheter

Maßnahmen

Empfehlung

RKI1/ DGHO2

Evidenzgrad3

  • Schulungsprogramm für Pflegekräfte und Ärzte

DGHO

A-II

  • empfohlen werden regelmäßige Schulungen des ärztlichen und pflegerischen Personals bezüglich Indikation, Anlage und Pflege zentralvenöser Katheter*

RKI

IA

  • hausinterne Regelung(en) der Zuständigkeit bei der Versorgung von ZVK





  • Vorhandensein benötigter Materialien





1 RKI - Robert-Koch-Institut
2 DGHO - Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie
3 Die Bewertung der Evidenzgrade wird von RKI und DGHO in unterschiedlichen Kategorien vorgenommen, siehe Tabelle 5. Kriterien der Empfehlungen und Bewertung von Studienergebnissen
* Anmerkung: In den USA sind speziell geschulte Katheterteams etabliert.

3 Prozesskriterien

Die Prozesskriterien für die Betreuung von Patienten mit ZVK sind in Tabelle 2 zusammengefasst.

2: Prozesskriterien für Zentrale Venenkatheter

Maßnahmen

Empfehlung

RKI1/ DGHO2

Evidenzgrad3

  • Tägliche Inspektion der Insertionsstelle; bei Gazeverbänden Palpation der Insertionsstelle bei bewusstseinsklaren, kooperativen Patienten

RKI

IB

  • Bei Druckschmerz, Fieber unklarer Ursache oder Sepsis Gazeverband entfernen und Inspektion der Einstichstelle

RKI

IB

  • Versorgung von ZVK mit einem wasserdampfdurchlässigen Transparentverband oder einem Gazeverband

RKI

IA

  • Bei Transparentverbänden wird ein Wechsel nach spätestens 7 Tagen empfohlen.

RKI

IB

  • Bei Gazeverbänden ist der Wert einer festen Wechselfrequenz (z. B. 24, 48 oder 72 Stunden) nicht gesichert.

RKI

III

  • Täglicher Verbandwechsel von Gazeverbänden bei eingeschränkter Kooperation des Patienten (Bewusstseinsstörung, Beatmung)

RKI

IB

  • Sofortiger Verbandwechsel bei Verschmutzung, Durchfeuchtung, Ablösung oder Infektionsverdacht

RKI

IB

  • Bei sichtbarer Entzündung an Eintrittsstelle bzw. Tunnelinfektion sofortige Entfernung des Katheters und ggfs. Neuanlage an anderer Stelle

RKI

IB

  • Aseptischer Verbandwechsel
  • hygienische Händedesinfektion vor oder nach Verbandwechsel

RKI

IB

  • Desinfektion der Einstichstelle mit Hautdesinfektionsmitteln unter Beachtung der Einwirkzeit

RKI

IB

  • Verbandwechsel mittels Non- Touch- Technik oder mit sterilen Handschuhen

RKI

IB

  • ggf. Reinigung der Insertionsstelle mit steriler NaCl 0,9% Lösung und sterilem Tupfer

RKI

IB

  • Applikation von Antiseptika* - bevorzugt alkoholische Hausdesinfektionsmittel - auf die Insertionsstelle bei Verbandswechsel

RKI

II

  • keine Verwendung von Salben oder Gels bei Transparentverbänden

RKI

IB

  • keine topischen, antibakteriellen** Cremes oder Salben auf die Insertionsstelle aufbringen

DGHO

E-I

  • Spülen des zentralen Venenkatheters mit mind. 10 ml steriler NaCl 0,9% Lösung je Schenkel, ebenso nach jeder Blutentnahme und bei Infusionsende (bei Separationskathetern, z. B. Shaldon- oder Demers-Katheter, ist mit 20 ml je Schenkel zu spülen)

RKI

IA

  • Der Wert von intermittierenden Spülungen mit verdünnten Antibiotikalösungen, Heparin und / oder anderen Zusätzen ist nicht gesichert.

RKI

III

  • Der Wert einer Stilllegung einzelner ZVK Stränge oder zum ‚Ruhen‘ von Kathetern zwischen Medikamentenapplikation ist nicht gesichert.

RKI

III

  • Der Katheter ist sicher zu fixieren.

RKI

IB

  • Die Dokumentation erfolgt regelmäßig und nach hausinternen Richtlinien.



  • Information des Arztes bei Komplikationen

1 RKI - Robert-Koch-Institut
2 DGHO - Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie
3 Die Bewertung der Evidenzgrade wird von RKI und DGHO in unterschiedlichen Kategorien vorgenommen, siehe 5. Bewertung der Evidenz.
* Für verschiedene Antiseptika, z.B. PVP-Jod [7], Alkohol, wässriges Chlorhexidin [8], antiseptische Mischpräparate [9] und einen mit Chlorhexidin imprägnierten, aufklebbaren Schwamm [10] wurde eine infektionspräventive Wirksamkeit nachgewiesen.
** Antibiotikahaltige Salben besitzen eine unsichere Wirksamkeit [5] und können zur Selektion resistenter Keime einschl.Candida spp. beitragen [6]. Sie werden daher zur Pflege der Insertionsstelle nicht mehr empfohlen [1].

4 Ziele und Ergebniskriterien

Ziele sind in Tabelle 3 zusammengefasst.

3: Ziele und Ergebniskriterien für Zentrale Venenkatheter

Ziele

  • Vermeidung von Infektionen und anderen Komplikationen an Einstichstelle und/ oder Annaht des ZVK
  • Frühzeitige Erkennung von Infektionen und/ oder anderen Komplikationen, z.B. Hautschäden
  • Sicherstellung der korrekten Lage des ZVK
  • Sicherstellung der Funktion des ZVK

5 Bewertung der Evidenz

Die Kategorien zur Bewertung der Evidenz und die Klassifikation der Empfehlungen haben sich historisch unterschiedlich entwickelt, siehe Tabelle 4 und Tabelle 5.

5.1 Robert-Koch-Institut

4: Kathegorien in der Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention

Kategorie

Definition

IA

Nachdrückliche Empfehlung für alle Krankenhäuser

Die Empfehlungen basieren auf gut konzipierten experimentellen oder epidemiologischen Studien.

IB

Nachdrückliche Empfehlung für alle Krankenhäuser

Die Empfehlungen werden von Experten und aufgrund eines Konsens-Beschlusses der Krankenhaushygiene-Kommission am Robert Koch-Institut als effektiv angesehen und basieren auf gut begründeten Hinweisen für deren Wirksamkeit. Eine Einteilung der entsprechenden Empfehlung in die Kategorie IB kann auch dann erfolgen, wenn wissenschaftliche Studien möglicherweise hierzu nicht durchgeführt wurden. basieren auf gut konzipierten experimentellen oder epidemiologischen Studien.

II

Empfehlungen zur Einführung / Umsetzung in vielen Kliniken

Die Empfehlungen basieren teils auf hinweisenden klinischen oder epidemiologischen Studien, teils auf nachvollziehbaren theoretischen Begründungen oder Studien, die in einigen, aber nicht allen Kliniken anzuwenden sind.

III

Keine Empfehlung oder ungelöste Fragen

Maßnahmen, über deren Wirksamkeit nur unzureichende Hinweise vorliegen oder bislang kein Konsens besteht.

IV

Rechtliche Vorgaben

Anforderungen, Maßnahmen oder Verfahrensweisen in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen, durch autonomes Recht oder Verwaltungsvorschriften zu beachten sind.

5.2 Arbeitsgemeinschaft Infektionen (AGIHO) der DGHO

5: Kriterien der Empfehlungen und Bewegung von Studienergebnissen

Stärke der Empfehlung

Definition

A

Gute Evidenz für den Einsatz

B

Moderate Evidenz für den Einsatz

C

Schwache Evidenz für den Einsatz

D

Moderate Evidenz gegen den Einsatz

E

Gute Evidenz gegen den Einsatz

Qualität der Evidenz

Kriterien

I

  • Ergebnisse aus > 1 guten randomisierten klinischen Studie

II

  • Ergebnisse aus > 1 guten klinischen Studie, ohne Randomisation;
  • aus Kohorten- oder Fall-Kontrollstudien (möglichst aus > 1 Zentrum); aus mehreren Langzeitstudien;
  • dramatische Ergebnisse aus nicht - kontrollierten Versuchen

III

  • basierend auf Meinungen angesehener Experten, basierend auf klinischer Erfahrung, deskriptiven Studien oder Berichten aus Expertengruppen

6 Literatur

  1. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz Nr. 45: Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut (RKI): Prävention Gefäßkatheter assoziierter Infektionen; S. 907 - 924, 2002.

  2. Morbidity Mortality Weekly Report des CDC: Vital signs: central line-associated blood stream infections - United States, 2001, 2008, and 2009. MMWR 60:243-248, 2011. PMID: 21368740

  3. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz Nr. 53: Mitteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut (RKI): Die Kategorien in der Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention - Aktualisierung der Definitionen; S. 754 - 756, 2010.

  4. Leitlinie „ZVK-Infektionen“ der DGHO, Stand: Oktober 2010. abrufbar unter https://www.onkopedia.com/onkopedia/leitlinien/zvk-infektionen

  5. Irwin GR Jr., Hart RJ, Martin CM (1973): Pathogenesis and prevention of intravenous catheter infections. Yale J Biol Med 46: S. 85 - 93, 1973. PMID: 4611053

  6. Maki DG, Band JD: A comparative study of polyantibiotic and iodophor ointments in prevention of vascular catheter- related infection. Am J Med 70: S. 739 - 744, 1981

  7. Levin A, Mason AJ, Jindal KK, Fong IW, Goldstein MB: Prevention of hemodialysis subclavian vein catheter infections by topical povidone-iodine. Kidney Int 40: 934- 938, 1991. PMID: 1762298

  8. Maki DG, Ringer M, Alvarado CJ: Prospective randomised trial of povidone-iodine, alcohol, and chlorhexidine for prevention of infection associated with central venous and arterial catheters. Lancet 338: 339- 343, 1991. DOI: 10.1016/0140-6736(91)90479-9

  9. Mimoz O, Pieroni L, Lawrence C, Edouard A, Costa Y, Samii K, Brun- Buisson C: Prospective, randomized trial of two antiseptic solutions for prevention of central venous or arterial catheter colonization and infection in intensive care unit patients. Crit Care Med 24: 1818- 1823, 1996. PMID: 8917031

  10. Maki DG, Mermel LA, Klugar D et al.: The efficacy of a chlorhexidine impregnated sponge (Biopatch) for the prevention of intravascular catheter-related infection - a prospective randomized controlled multicenter study (Abstract.). Program and Abstracts, Interscience Conference on Antimicrobial Agents and Chemotherapy. Toronto, Ontario, Canada, 2000.

7 Anschriften der Verfasser

Mirko Radloff
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden
MK1-Onkologie/ MK1-S6/ UPC-S1 Palliativstation
Fetscherstraße 74
01307 Dresden
Tel. 0351 / 458 7116
Mirko.Radloff@uniklinikum-dresden.de
Thomas Schnabowitz
Universitätsmedizin Mainz
Station für Stammzelltransplantation
Langenbeckstraße 1
55131 Mainz
Tel.: 06131 / 17 3707
thomas.schnabowitz@unimedizin-mainz.de
Michael Uhrig
Universitätsklinikum Frankfurt / Main
KMT Station
Theodor-Stern-Kai 7
60590 Frankfurt am Main
Tel.: 069 / 6301 5398
michael.uhrig@kgu.de

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Reference:

Quellenangabe:

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